Das Verhältnis zwischen Juden und Einheimischen in Friesen
In Friesen heißt heute noch ein enges Gässchen vom unteren zum oberen Dorf „Moschaweg“. Der Name weist darauf hin, dass hier einmal eine jüdische Synagoge stand, die von den Dorfbewohnern damals fälschlich als Moschee bezeichnet wurde. Außer diesem Wegenamen sind in Friesen fast alle Spuren des ehemaligen jüdischen Lebens scheinbar untergegangen. Bei näherer Betrachtung sind jedoch einige steinerne Zeugen bis heute erhalten. Mit diesem Projekt begeben wir uns auf die Spuren jüdischen Lebens in Friesen.
In den Archiven findet sich der erste Hinweis auf die Juden in Friesen im Jahre 1667. In einer Bestandsausaufnahme des Gailsdorfer Rittergutes in Friesen werden vier Häuser erwähnt, die von Juden bewohnt waren. 1
1679 wird der Gabbei „Salomon Jud zu Frisn“ genannt, der zugleich Vorsteher des jüdischen Beerdigungsvereins für die ganze Umgebung war. Schon damals muss die jüdische Kultusgemeinde in Friesen mehrere Familien umfasst haben und in Ansehen gestanden sein.
Ab 1700 wächst die Gemeinde rasch an. 1725 sind bereits acht Häuser, 1740 zehn und 1744 zwölf in jüdischem Besitz. Zu den zwölf Familien, die ein eigenes Haus als ritterliches Lehen bewohnen, kommen noch sechs Familien, die im Mietsverhältnis stehen.
1752 zählt die jüdische Gemeinde „ohne Knechte und kleine Kinder „achtzig Personen. Sie wohnen in zwanzig Haushaltungen zusammen. 1763 sind es bereits 23 Haushaltungen. 2
Die Einheimischen wehren sich in wiederholten Beschwerdeschreiben an den Fürstbischof von Bamberg gegen das ständige Anwachsen der Judengemeinde. Schon 1700 bestimmte eine fürstbischöfliche Verordnung: „Wo bisher keine Juden gewohnt, sollen auch keine mehr zugelassen werden, in denjenigen Orten, wo von altersher nur eine geringe Anzahl geduldet wurden, soll diese nicht vermehrt, sondern möglichst vermindert werden.“ 3
Dennoch erreichte die Judengemeinde in Friesen 1870 einen Höchststand von 144 Personen. Von den damals etwa 500 Einwohnern war fast jeder dritte Jude.
Wie kam es zu dieser Zunahme der Juden in Friesen trotz des Widerstandes der Gemeinde und der Verordnung des Fürstbischofs?
Diese Frage erklärt sich aus dem damaligen Rechtsverhältnis und dem finanziellen Wohlstand der Juden.
In Deutschland standen die Juden seit der Stauferzeit gegen die Entrichtung eines jährlichen „Opferpfennigs“, eines Reichsthalers, unter dem Schutz des Kaisers. ( vgl. Der neue Herder). Später übertrug der Kaiser dieses Judenregal auch einzelnen geistlichen und weltlichen Fürsten. Im Laufe der Zeit eigneten sich alle größeren und kleineren Fürsten dieses einträgliche Schutzrecht an.
Die „Landesfürstlichen Hoheitsrechte“ über die Juden bestanden:
- Im Schutzrecht
- In der Rechtssprechung
- In der Besteuerung
In Friesen besaß der Ritter von Gailsdorf das Recht, Juden aufzunehmen. Da diese bei ihm im Lehensverhältnis standen, bezog er außer dem „goldenen Opferpfennig“ weitere ansehnliche Einnahmen. Die Lehensabgaben wurden in Friesen bis 1731, solange das Rittergut bestand, in Naturalien geliefert. Die Juden hatten an den alten Zinstagen zu Walpurgis und Michaelis für ihre Häuser abzugeben:
1 Huhn | ||
3 Pfund Talg | 6 Pfund Talg | |
3 Pfund Zucker | 1 Pfund Mandelkern | |
1 Pfund Ingwer | 2 Pfund große und kleine Rosinen | |
1 Gans | 1 Pfund Reis |
Außerdem waren sie zu zwei Tagen Fronarbeit verpflichtet. 4 Diese Einkünfte verleiteten den Ritter von Gailsdorf- besonders in seinem höheren Alter- ständig neue Juden aufzunehmen. Auch die nächsthöhere Instanz, die Fürstbischöfe von Bamberg, verfolgten keine einheitliche Linie in der Judenpolitik. Einige von ihnen, wie Bischof Otto von Rotenhahn, waren bei den Juden verschuldet und mussten sie dulden. 5
In Zeiten, da der Bischofsstuhl verwaist war, zeigte sich das Domkapitel bestechlich. Für Gold und „gute Worte“ konnten die Juden von den hohen Herrn leicht einen Schutzbrief erhalten. So wurden während der „Sedisvacanz“ vom 5.-30. August 1746 für achtzehn jüdische Familien Schutzbriefe ausgestellt, 1753 an einem einzigen Tag für sieben Familien. 6 Seit dem Tode des letzten Gailsdorfer Herren 1731 unterstanden die Friesener Juden dem Fürstbischof in Bamberg. Es ist anzunehmen, dass sie günstigen Gelegenheiten der „Sedisvacanzen“ wahrnahmen, um zu einem Schutzbrief zu kommen. Sie konnten aber auch ohne Schutzbrief in Friesen Unterkunft finden, wie aus einer Untersuchung auf das fürstbischöfliche Dekret von 1744 hervorgeht. 7 Mit den Schutzbriefen war kein eigentlicher Schutz für die Juden garantiert. Nach Forschungen von Dr. Eckstein konnte der Landesfürst jederzeit den Schutzbrief zurückziehen. Alle die Jahre hindurch blieben sie nur geduldete Fremdlinge und standen staatsrechtlich außerhalb der bürgerlichen Gemeinschaft. 8 Diese Duldung, von der der jüdische Geschichtsschreiber spricht, darf man freilich nicht mit „Toleranz“ gleichsetzen. Diese Duldung ging nicht von humanitären Überlegungen oder Gefühlen aus, sie wurde lediglich mit Geldsummen erkauft.
Dies bestätigen die alten Akten, die das Verhältnis zwischen Juden und Einheimischen in Friesen betreffen.
Die jüdische Bevölkerung in Friesen trachtete danach, möglichst zusammenliegende Häuser zu erwerben, um eine geschlossene Kultusgemeinde zu bilden. Im Kataster von 1856 sind folgende Hausnummern als „Judenhäuser“ verzeichnet:
41b-47 ; 48; 49;50; 52; 53; 54; 55- 61; 62-72; 76; 78; 85; 86-92; 93; 94
Den geistlichen und geistigen Mittelpunkt bildetet der Siedlungsbezirk am „Moschaweg“ oder Tempelweg, wie er in den Akten genannt wird. Hier waren alle Häuser ausschließlich von Juden bewohnt. In einem dieser Häuser war die Synagoge und die Judenschule untergebracht. Die Einheimischen haben diesen Weg deutlich als jüdisches Zentrum empfunden und daher oft gemieden. „Um diese Judengasse nicht betreten zu müssen und „durch die gemeiniglich übelgesinnte aufführung“ der Juden und mit sich führende Unsauberkeit von den guten intentionen im Gang zum Gottesdienst nicht verstöret zu werden, hatten sie sich einen eigenen Weg zur katholischen Kirche gebaut.“ 9 Das war die große Kirchentreppe mit etwa 70 Stufen, die heute noch als Kirchweg benutzt wird.
Nun setzen die Friesener alles daran, die Juden wenigstens von ihren neuen Kirchweg fernzuhalten. In einem Beschwerdeschreiben begründet der Dechant Friedrich Schrepel seinen Einspruch gegen einen Hausverkauf folgendermaßen: „das Haus liegt an der Eingangsstaffel zur Kirche, so dass die künftigen jüdischen Einwohner gerade in die Kirchentüre sehen könne, die Christen würden beim Besuch des Gotteshauses noch die Ungemach haben, alles unflädigen jüdichen Ausguß zu passieren und andere Ungebührnisse mehr mit Verdruß und Ärgernis ansehen müssen.“ 10
Die Christen sonderten sich also streng von den Juden ab. Schon deswegen kann man nicht annehmen, dass sie irgendwelche Bekehrungsversuche bei den Juden machten. Noch viel weniger zeigten sie Verständnis für die kulturellen Eigenheiten der Juden. Sie kamen ihnen darin nicht in geringsten entgegen. Zwei Ereignisse beweisen das:
1756 weihten die Juden in Friesen ihre Synagoge ein. Dabei wollten sie ihre „10 Gebote“ in feierlicher Prozession durch das Dorf in die Judenschule, die zugleich als Betraum diente, tragen. Viermal ließen sie den Herrn Stadtpfarrer von Kronach – ihm unterstand damals die Friesener Pfarrei und Kirche als Filialkirche- um Erlaubnis bitten. Jedes Mal wurden sie abgewiesen. Da schwindelte der jüdische Vorsteher dem Kronacher Stadtvogt vor, der Stadtpfarrer hätte die Prozession ohne Musikbegleitung gestattet. Daraufhin bestellte der Stadtvogt einen Amtsknecht und die Prozession wurde abgehalten. 11
Ob die polizeiliche Aufsicht durch den Amtsknecht wegen der feindseligen Haltung der Einheimischen nötig war? Es ist möglich, lässt sich aber nicht beweisen. Der Betrug kam allerdings später heraus. Die Juden wurden für den „Frevel“ mit einer empfindlichen Geldsumme bestraft.
Noch ein anderer Vorfall beleuchtet die Einstellung der Friesener gegen die Juden:
Im Siebenjährigen Krieg wurden die Judenhäuser in Friesen geplündert. Die Juden gaben einen Schaden von 1200 Gulden an.12 Diese Plünderung fand an einem Sabbath statt. Nach ihrem Cerimonialgesetz durften die Juden an diesen Tag nichts tragen oder berühren. So konnten sie nichts retten. In einer geschlossenen Ortschaft wäre es ihnen erlaubt gewesen, ihre Habe in Sicherheit zu bringen. Um sich daher für die Zukunft vorzusehen, baten sie die Gemeinde, dass man auf ihre Kosten vier Schlagbäume errichte. Zur Unterhaltung wollten sie jährlich 1 ½ Gulden – der jüdische Geschichtsschreiber Dr. Adolf Eckstein spricht von 20 Gulden – an die Gemeinde zahlen. Sollten sich die Schlagbäume hinderlich erweisen, so könnte sie die Gemeinde jederzeit wieder entfernen. Sie bitten aber die Gemeinde um die offizielle Errichtung, damit niemand die Schlagbäume aus Feindseligkeit gegen die Juden beschädige.
So untertänig und vorsichtig die Juden ihre Bitte vorbrachten , wieder stimmten viele in der Gemeinde dagegen. Auf Antrag des Kronacher Kastenamtes wurden schließlich die Schlagbäume errichtet.13
Die grundsätzliche Abneigung gegen die Juden zeigt sich auch in den Schulverhältnissen. Bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts gab es keine strenge Schulpflicht für Juden. Ihr Unterricht erstreckte sich hauptsächlich auf Religion und Hebräisch. Der Lehrer für diese Religionsschulen wurden in den sogenannten Talmudschulen ausgebildet. Laut einer Verordnung von 1804 durfte die israelitische Jugend überall die christlichen Volksschulen besuchen. 1813 wird durch ein Gemeindeedikt die Volksschulbildung auch für die Juden verpflichtend. Die jüdischen Eltern müssen ihre Kinder in die christliche Volksschule schicken, sofern sie nicht für eine eigene jüdische Elementarschule aufkommen.14
Bis zu dieser Verordnung besuchten die Friesener Judenkinder ihre Religionsschule in der „Moschagaß“. 1727 beschwert sich der Friesener Schulmeister, „Daß durch Nehrung der Juden an seinem Dienst und Nahrung nichts geringes abginge.“15 Hätten die Judenkinder schon damals die christliche Volksschule besucht, so wären sie zum Zahlen von Schulgeld verpflichtet gewesen. Der Friesener Schulmeister hätte in diesem Fall keinen Grund zur Klage gehabt. 1828 traf man eine Regelung. Jeder Jude musste sowohl dem Pfarrherren, als auch dem Lehrer- beide wurden damals von der Gemeinde unterhalten- eine jährliche Entschädigung von 36 bzw. 12 Kreuzern zahlen.16
Bei der teils antijüdischen Einstellung der Einheimischen hätten es die jüdischen Kinder in der christlichen Volksschule sicher nicht leicht gehabt. Doch auch in ihrer Judenschule erregten sie Anstoß. Angeblich wurde das Schreien der Judenkinder in der katholischen Kirche gehört. Man sah vor, die Judenschule in ein entfernteres Haus zu verlegen. Die Akten sagen nichts mehr darüber aus. Ob eine Störung von der Judenschule her auf diese Entfernung möglich gewesen war bleibt fraglich.17
Natürlich versuchten die Juden möglichst beieinander zu wohnen. Ebenso machten die Einheimischen alle Anstrengungen, die Juden aus ihrer nächsten Nähe fernzuhalten. Man blieb halt lieber unter sich.
1719 verkaufte der Ritter Aichinger von Aichstamm die Hälfte eines lehenpflichten Hauses in Friesen an einen Juden. In der anderen Hälfte des Hauses wohnte ein Bürger christlichen Glaubens. Vom Juli 1717 bis zum Januar 1720 finden sich 17 Anmerkungen über diesen Fall im Staatsarchiv vom Bamberg Rep. B 58 Nr. 10129. Die Gemeinde Friesen ist mit allem Nachdruck dagegen, „daß ein Christ und Jud in einem Hause wohnen.“
1713 verkaufte ein gewisser Peter Eisentraut sein Wohnhaus an einen Juden, um sich an der Stelle einer früheren Scheune ein neues zu errichten. Mit einer großangelegten Begründung wenden sich die Friesener dagegen an den Fürstbischof von Bamberg.
Sie führen an:
- „Die Einheimischen könnten keine Unterkunft mehr finden, da die Juden die Mietpreise hochschraubten.
- Die nahe beieinander wohnende Jugend der beiden Religionen würde „zu allerhand Sünd und Laster“ erführt
- Es bestehe Gefahr, daß die Juden den Christen an Zahl bald gleichkämen und sie schließlich ganz verdrängten.“ 18
Obgleich 1733 der Fürstbischof ein Dekret erließ, die Juden sollten künftig vom Kauf von Häusern und anderer unbeweglicher Güter ausgeschlossen sein, gelang es ihnen immer wieder, Kaufverträge abzuschließen. Ein erfolgreiches Mittel waren dabei die hohen Kaufsummen, die sie bieten konnten.
„Erfahrungsgemäß bedienten sie sich allerhand böser griff, um die Christengüter zu ersteigern.“ Diese Feststellung trifft der Fürstbischof im erwähnten Dekret gegen die Juden von 1733.19
Doch schon 1763 erlag der Fürstbischof selbst dem hohen Angebot der Juden. In diesem Jahr schreibt er das ehemalige Gailsdorfer Wohnhaus, das auf einen Wert von 600 Gulden geschätzt wurde, zum Verkauf aus. Zwei Einheimische bewerben sich darum und bieten zusammen 650 Gulden. Vier Friesener Juden möchten dieses Haus ebenfalls erwerben und bieten zusammen 1600 Gulden, fast 240% mehr als das ursprüngliche Angebot. Der Fürstbischof war darauf bereit das Haus für 1200 Gulden den Einheimischen zu überlassen und gab noch zwei Wochen Bedenkzeit. Die beiden Friesener erhöhten ihr Angebot auf 700 Gulden und lassen die Frist verstreichen. Heimlich, ohne Wissen der Gemeinde vollziehen unterdessen die vier Juden ihren Kauf in „Der öberen stuben“ eines Frieseners.20
Das Gailsdorfer Wohnhaus lag dicht bei der Kirche. Die Friesener fühlten sich wieder durch die Nähe der Juden gestört. Nach langen Verhandlungen mit dem Fürstbischof konnten sie das Haus um die gleiche Summe von 1600 Gulden zurückkaufen. Sie mussten sich aber verpflichten, den Juden eine andere Unterkunft zu verschaffen.21
Den gleichen Ausgang nahm ein privater Hauskauf bereits 1733. Lorenz Wachter war in Schulden geraten und hatte sein Haus heimlich dem Juden Löw verkauft. Wieder wandte sich die Gemeinde an den Fürstbischof und erreichte, dass der Schultheiß im Namen der Gemeinde das Anwesen zurückkaufen durfte.22
Nachdem man in den vorausgegangenen Kaufprozessen mit den Juden genügend Erfahrungen gesammelt hatte, wurde 17764 für Friesen folgende Regelung von Bamberg getroffen:
„Die Christen könnten ihre Häuser vermieten und selbst Juden in ihr Haus aufnehmen. Doch sollten die Juden verpflichtet sein, stets eine „ jüdische Herberg vor einer Christenherberg“ zu beziehen. Den Christen sollte ferner das Kündigungsrecht zustehen. Immer werden hohe Mietbeträge erwähnt, die die Juden zahlten. Die Juden ihrerseits erklärten , die Christen selbst würden ihnen die einen so hohen Mietzins abverlangen: So wären sie gezwungen , ein mehreres zum Hauszins zu geben, nur um eine Wohnung zu haben.“ So zeigt sich, dass die christliche Bevölkerung keineswegs abgeneigt war einträgliche Geschäfte abzuschließen.23
Trotz der hohen Mietpreise waren die Wohnverhältnisse der Juden nicht glänzend. An verschiedenen Stellen wird erwähnt, dass zwei bis drei Familien in einem Haus wohnten. Die Häuser waren damals zum größten Teil nur einstöckig mit höchstens fünf Räumen. So lebten die Familien räumlich sehr beschränkt Mit der gleichen Hartnäckigkeit, mit der die Einheimischen die Juden von ihrer Gemeinschaft auszuschließen suchten, versuchten die Juden, sich in der Gemeinde zu behaupten. Ihre Judenprozession hatten sie mit einer List durchgesetzt.
1811 stellen sie an die Gemeinde Forderungen, die an Frechheit grenzen. In jenem Jahr teilte die Gemeinde das Gemeindevermögen unter sich. Auch die Juden forderten als Gemeindemitglieder ihren Anteil. Sie brachten ihre Ansprüche schließlich vor das königliche Landgericht. Dort mussten sie zwar zugeben, dass:
„Auf ihren Häusern kein Gemeinderecht ruhe, daß sie
Bisher keinen Genuß am Gemeindvermögen hatten,
behaupteten aber kühn: Die Häuser der Einheimischen seien ebenso ohne Gemeinderecht.“
Den Friesenern fiel es leicht , den Beweis für ihr Gemeinderecht zu erbringen: Die Gemeindegründe sind auf ihre Namen eingetragen. Außerdem haben sie bisher allein die Gemeindelasten bestritten und die Gemeindeweiden benutzt.24
In 150 Jahren war es den Juden nicht gelungen, eine rechtliche Gleichbehandlung mit den Einheimischen in Friesen als Gemeindemitglieder zu erlangen. Erst zwei Jahre später 1813 erhalten die Juden in Deutschland durch das Judenmatrikel ein beschränktes Staatsbürgerrecht und 1848 die bürgerliche Gleichberechtigung.25
Die Friesener Juden trieben hauptsächlich Handel. Von anderen Gewerben betrieben sie Metzgerei und Gerberei. In genauen Bestimmungen waren die Handelsartikel und –bedingungen festgelegt. Sie sind im Gemeinde-Archiv Gemeindebuch III/1 verzeichnet und lauten:
- „ An Sonn- und Feiertagen ist der Handel und Hausieren während des Gottesdienstes verboten. Nach dem Gottesdienst und „wann 11 Uhr vorbey“ dürfen sie, ohne Ärgernis zu geben, handeln und hausieren.
- Sie dürfen mit Samen und Süßholz handeln.
- Sie dürfen auch mit fetten und mageren Vieh handeln; die Metzger im Dorf haben den Vorkauf. Ebenso dürfen sie mit Talg handeln, ohne jedoch eine Teuerung ins Land zu bringen.
- Es ist ihnen erlaubt mit dürren Obst und mit Hopfen zu handeln, doch soll den Einheimischen der Vorverkauf bleiben.
- Es ist ihnen gestattet mit all dem zu handeln, was die Christen nicht führen.“
Es wird noch erwähnt, dass die Friesener Juden mit „minderen Tuch“ für Bauernkleidung Handel getrieben hätten.
Die Handelsbestimmungen waren sehr klar niedergelegt. Anfangs gab es auch keine Einwände. Erst als die Juden auch in den Getreide- und Holzhandel einstiegen, liefen Beschwerden ein. Die Juden trieben die Einkaufspreise in die Höhe und traten im Holzhandel als scharfe Konkurrenten auf. Damit fürchteten die Friesener, die vorwiegend von Holzhandel und Handwirtschaft lebten um ihre Einnahmen. So ist es verständlich, wenn sich die Friesener an den Fürstbischof wenden, damit er den Juden die Handelserlaubnis auf diese Güter entzogen werde.26
Wenig Verdruss hingegen verursachten die jüdischen Metzger. Nach altem Ritualgesetz schächten sie ihr Vieh. Die „vorderen Viertel“ verwendeten sie für sich und ihre jüdischen Kunden, die übrigen Teile verkauften sie an meist fremde oder „ausländische“ Untertanen. So kamen sie dem einheimischen Gewerbe nicht in die Quere. Sie mussten auch von jedem Tier die Zunge an den ihren Lehensherrn liefern und bereiteten Talg für die Kerzenherstellung, der außerdem ein Teil der Lehenszinsen ausmachte.27
Um 1880 löste sich die Judengemeinde in Friesen allmählich auf. Die Juden zogen meistens in die Städte, wo sich ihnen bessere Existenzmöglichkeiten boten.
1910 starb der letzte Jude in Friesen. Es war der Sohn des letzten Judenlehrers, Moritz Sulzbacher. Die Friesener nannten ihn nur den „Moritz mit dem Blechbauch.“. Er muss eine recht seltsame Figur gewesen sein, weil er ein metallenes Stützkorsett tragen musste.
Mögen sich die offenen Feindseligkeiten zwischen beiden Bevölkerungsgruppen mit den Jahren beschwichtigt haben, gleichberechtigt und gleichwertig standen die Juden nie neben den Einheimischen. Viel mögen die verschiedenen kulturellen Eigenarten, die Geschäftstüchtigkeit der Juden, der sich die Friesener oft unterlegen fühlten und die allgemeine Voreingenommenheit gegen die jüdische Religion im katholisch geprägten Frankenwald beigetragen haben.
Heute kann sich kein Friesener mehr an die jüdische Ansiedlung erinnern. Nur aus Erzählungen ist Einiges zu den Juden in Friesen überliefert. Noch viel weniger ist bekannt, dass diese jüdische Gemeinde während der 200 Jahre ihres Bestehens nie ein ernstes Problem für die christliche Bevölkerung darstellte, auch wenn es immer wieder zu Auseinandersetzungen kam. Schließlich profitierte man gegenseitig voneinander. Die ehemaligen Juden aus Friesen zogen in größere Städte und ins Ausland. Die Geschichte einiger Nachfahren der jüdischen Gemeinde aus Friesen konnte jedoch nachvollzogen werden.
Was Levi Strauß, als Erfinder der Jeans, für die Buttenheimer ist, könnten dies gleichwohl Adolf und Elisabeth Friedmann für Friesen sein.
Wir als Friesener von heute sind stolz auf die Leistungen unserer ehemaligen Ortsbürger, deren Nachfahren zwischenzeitlich über den ganzen Globus verteilt sind. Ihnen haben wir diese Ausstellung gewidmet, um ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen und daran zu erinnern das wir gemeinsam viel erreichen können. Gerne laden wir auf eine Zeitreise ein um das jüdische Leben in Friesen erlebbar zu machen.
- Staats-Archiv Bamberg, Repertoire B58
- Dr. Adolf Eckstein: Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstbistum Bamberg 1848.Seite: 130
St.A.Bbg. Rep. B. 54 Nr. 1171/16 u. 20
Krista Heinold- Fichtner: Historische Reihe Band 3 Die Bamberger Oberämter Kronach und Teuschnitz, Territorialgeschichtliche Untersuchungen, S. 184 - Eckstein: Geschichte der Juden S. 53-54
- St.A.Bbg.A221/4 Nr.1295
- Eckstein: Geschichte der Juden. S.: 7
- Eckstein: Geschichte der Juden. S.:53-54
Akten des historischen Vereins - Eckstein. Geschichte der Juden. S.: 60
- Eckstein. Geschichte der Juden. S.: 51-52
- Gemeindearchiv Nr.11
- St. A. Bbg. B 58 Nr. 2971
- St.A.Bbg. Rep. A90 III Nr. 1192 und Eckstein: Geschichte der Juden S.134
- Eckstein: Geschichte der Juden.S.134, NeueChronik der Stadt Kronach von
Coelestinus und Hieronymus Stöhr. 1823 - Oberamts Protocolli sub Acto Cronach den 8ten Juni 1759 ; Eckstein: Geschichte der Juden S. 134
- Hagen: Das Schulwesen in Oberfranken. S.260
- St. A. Bbg. Rep. B 58 Nr. 2971
- St. A. Bbg. Rep. B58 Nr. 2972
- Eckstein: Geschichte der Juden, S. 134; Heinold-Fichtner. Historische Reihe, Band 3 S. 184
- Memoriale an Sr. Hochfürstlichen Gnaden vom 14.9.1733
- St.A.Bbg. Rep. A 221/4 Nr. 125912
- Gemeindarchiv III/1
- Gemeindearchiv III/1
- St. A. Bbg. Rep. A 221/4 Nr. 12912
- Hochfürstliches Oberamt Protocolli sub Acto Cronach den 7ten 9bris 1764
- Gemeinde-Archiv. Teilung der Gemeinde
- Eckstein: Geschichte der Juden..S.60
- St.A.Bbg. B 54 Nr. 1171
- St.A.Bbg. B 54 Nr. 1171